Höcke gegen Krah: Wie sich gerade das völkische Lager der AfD zerlegt (2024)

Streit nach der Europawahl

Höcke gegen Krah: Wie sich gerade das völkische Lager der AfD zerlegt

Höcke gegen Krah: Wie sich gerade das völkische Lager der AfD zerlegt (1)

Björn Höcke, Vorsitzender der Thüringer AfD, verteidigt seinen Parteikollegen René Aust.

Quelle: Ronny Hartmann/AFP Pool/dpa

Der geschasste Maximilian Krah zitiert Shakespeare, um seinen Konkurrenten René Aust zu demütigen. Krahs Social-Media-Armee nennt Aust weniger elegant „Verräter“. Dann nimmt Björn Höcke seinen Thüringer Parteifreund Aust in Schutz– und macht sich selbst angreifbar. Über einen Konflikt unter Rechtsextremen, der die Zukunft der AfD bestimmen könnte.

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Jan Sternberg

Am Montag entschieden die neu gewählten Europaabgeordneten der AfD, ihren skandalbehafteten früheren Spitzenkandidaten Maximilian Krah nicht in ihre Reihen aufzunehmen. Zum neuen Delegationsleiter wählten sie den 37-jährigen Thüringer René Aust. Seitdem bricht aus dem völkischen „Vorfeld“ der AfD ein sh*tstorm auf Aust herunter. Er wird als „Verräter“ gebrandmarkt, der Krah, den Liebling der rechtsextremen Social-Media-Aktivisten, auf dem Gewissen habe.

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Insbesondere Erik Ahrens, der sich als Kopf hinter der sehr erfolgreichen Tiktok-Kampagne Krahs feiern lässt, teilte auf dem sozialen Netzwerk X mit Beleidigungen gegen Aust kräftig aus. Ebenso heftig schoss er gegen Torben Braga, Austs und Björn Höckes wichtigsten Vertrauten in Thüringen. Nur den Landeschef Höcke selbst nahm Ahrens in Schutz.

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Geholfen hat ihm das nicht. Nach zwei Tagen heftigsten Angriffen stellten sich Höcke und sein Thüringer Co-Parteichef Stefan Möller öffentlich hinter Aust und attackierten Krah und Ahrens (ohne diesen namentlich zu nennen).

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„René Aust ist ein ehrenwerter Mann“

„Die durch einen Unterstützer von Maximilian Krah initiierte, zutiefst ehrenrührige Kampagne gegen unseren Thüringer Parteifreund und Kollegen René Aust verurteilen wir auf das Schärfste“, schreiben sie. „Besonders enttäuschend ist für uns, dass der gegen René Aust erhobene Vorwurf des ,Verrats‘ durch das Schweigen von Maximilian Krah zu den Machenschaften seines Unterstützers mitgetragen wird.“

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René Aust bei der Pressekonferenz der AfD zur Europawahl 2024.

Quelle: picture alliance / Geisler-Fotopress

Den Startschuss zum Vorwurf des Verrats hatte der belesene Krah noch vor der Tür des Sitzungssaals gegeben, als er sagte: „René Aust ist ein ehrenwerter Mann.“ Als „ehrenwerter Mann“ wird in William Shakespeares „Julius Caesar“ in Mark Antons Grabrede der Verräter Brutus bezeichnet. Natürlich ist das Gegenteil gemeint. Krahs Social-Media-Armee hat diese Vorlage ihres Cäsars in weniger eleganter Form vollendet.

Höcke und Möller griffen in ihrem Statement zudem die AfD-Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla an, die sich hinter den Kulissen maßgeblich für Aust und den Ausschluss Krahs eingesetzt haben. Enttäuschend sei auch, schreiben sie, „dass aus den Reihen der Bundesspitze drei Tage nach Beginn der Kampagne nicht die Gelegenheit genutzt wurde, dem Vorwurf des ,Verrats‘ zu widersprechen“.

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Wie es für Krah, Bystron und die AfD nach der Wahl weitergeht

Im Wahlkampf wurden das skandalbehaftete AfD-Spitzenduo aus Maximilian Krah und Petr Bystron notdürftig versteckt. Von der Europawahlliste gestrichen werden konnten sie nicht. Erheben die Männer am Abend der Abstimmung neue Ansprüche?

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Auch Aust selbst schwieg. Ein auf X für den Mittwochabend angekündigtes Statement zog er – vermutlich auf Anraten zentraler Parteikader – kurzfristig zurück.

Krah kann das langfristig nur nützen

Pikant daran: Noch im vergangenen Jahr hatte sich Höcke vehement für Krah als Spitzenkandidaten für die EU-Wahl eingesetzt und seinen Thüringer Parteikollegen Aust verhindert, den er nun so vehement verteidigt.

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Maximilian Krah, AfD-Spitzenkandidat zur Europawahl 2024, aufgenommen am Rande der Beratungen mit den neu gewählten AfD Europaabgeordneten nach der Europawahl.

Quelle: picture alliance/dpa

Das ostdeutsche völkische Lager ist nach Höckes Positionierung für Aust gespalten – und das zweieinhalb Monate vor den wichtigen Landtagswahlen. Krah kann das langfristig nur nützen. Er hat Höcke geschwächt. In einem Interview mit dem österreichischen Rechtssender „Auf 1″ rief er seine Truppen zurück. Deren Enttäuschung nach der Wahl sei „verständlich“ gewesen, doch nun müsse man „kühlen Kopf“ bewahren und „Brücken bauen“. Ebenso spielt ihm in die Karten, dass die rechte ID-Fraktion in Brüssel zunächst entschied, die AfD nicht wieder aufzunehmen. Diese Annäherung war erklärtes Ziel von Aust - und die offizielle Begründung dafür, den Dauer-Provokateur Krah an die Seitenlinie zu verbannen.

Am letzten Juniwochenende trifft sich die AfD zum Parteitag. Der Europawahlkampf und der Umgang mit den Skandalen um Krah und Petr Bystron – Bestechungsvorwürfe aus prorussischen Kreisen, Razzien bei Bystron, bei Krah zudem Verharmlosung der nazistischen SS – werden das Treffen dominieren.

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Die Wiederwahl von Weidel und Chrupalla, die als Doppelspitze antreten wollen, ist dennoch vermutlich nicht gefährdet. Langfristig aber bringen sich die offen rechtsextremen Kräfte in Stellung, die pragmatisch-machtorientierten Parteichefs abzulösen. Bisher war Höcke der Fixstern dieser Rechtsextremen, an dem sich alle ausrichteten. Nach Höckes Parteinahme für „Brutus“ Aust aber hat er für erste Teile des Vorfelds an seinen neuen Konkurrenten Krah verloren.

Am Freitagvormittag taucht dann ein neues Foto in AfD-internen Chatgruppen auf: Es zeigt Aust und Krah in einem Brüsseler Café, ins angeregte Gespräch vertieft. Vor Krah steht ein Glas Weißwein. Daran, den Konflikt jetzt bereits auf die Spitze zu treiben, hat anscheinend keiner der beiden Interesse.

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Author: Arielle Torp

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